Immer mit Vollgas - MAZ

Joanna Bauer absolvierte Ausbildung mit Bravour / Beste Tierpflegerin ihres Jahrgangs deutschlandweit

Zur PDF-Version des Artikels

VELTEN - 10.11.2012
Dass sie einmal die Beste ihres Jahrgangs sein würde, hatte sich Joanna Bauer auch nicht erträumt. Aber als sie vor zwei Jahren ihre Ausbildung zur Tierpflegerin und Hundetrainerin begann, war schon klar, dass sie sich richtig reinknien würde. Die Hundeausbildung hatte es ihr angetan, dabei war der Weg dahin nicht so einfach.

„Ich bin in Danzig geboren“, sagt sie. Das erklärt die Schreibweise ihres Vornamens. Mit acht Jahren kam sie nach Deutschland. Und legte schon in der Schule ein ordentliches Tempo vor. Beim Abi am Henriettegymnasium in Oranienburg übersprang sie gleich mal eine Klasse. Mit 18 war sie verheiratet. Bei Joanna geht offenbar alles im Eiltempo. Die 33-Jährige kann so schnell erzählen, dass uns Journalisten der Stift glüht.
Auch bei der Familienplanung gab’s keine Verzögerungen. Zwei Töchter haben die Bauers. Die größere der beiden besucht jetzt auch das Henriettegymnasium.
„Nach der Wende sind wir von Berlin nach Leegebruch gezogen“, erzählt Joanna und muss gleich dabei lachen. „Das waren meine Hausfrauenjahre.“ Schwer zu glauben, dass Joanna im Hausputz und Kindererziehung ihre Erfüllung fand. „Aber das war so“, meint sie.
Zum Glück gab es da ihren sehnlichsten Wunsch nach einem Hund. Allerdings hatte sie bei Ehemann René damit ganz schlechte Karten. „Er mag eigentlich überhaupt keine Tiere.“ Doch gegen die Waffen einer Frau ist eben schwer anzukommen, und so kam schließlich Wipy zur Familie, ein 16 Wochen alter Golden Retriever. „Der musste natürlich ganz schnell und perfekt hören“, erzählt Joanna. Und so tauchte sie in der Hundeschule von Uwe Krüger in der Parkallee in Velten auf. Wipy war bald erzogen, und Uwe Krüger von „Hundetrainer 24“ merkte schnell, dass Joanna ein Händchen für Hunde hat.
„Und dann hat mich Uwe gefragt, ob ich nicht eine Ausbildung machen will.“ Was erst wie ein Scherz klang, wurde schnell ernst. Eine reine Ausbildung zum Hundetrainer gibt es nicht. Der Lehrberuf heißt Tierpfleger in der Fachrichtung Tierheim und Tierpension. Eines der vier Fächer ist die Hundeausbildung.

Weil der Hauptsitz der Hundeschule von Uwe Krüger in Leipzig ist, lief Joannas Ausbildung über die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig.
Solch eine Ausbildung ist kein Zuckerschlecken. Das kann Joanna nur unterstreichen. Einen Tag in der Woche gab’s Theorie in Berlin. Die anderen Tage hieß es Hundeplatz, egal ob die Sonne schien oder es wie aus Kübeln schüttete. Aber auf dem Platz bekam sie alles vermittelt, was dazu gehört. „Uwe hat mir so viele gute Tipps gegeben und Tricks gezeigt.“ Uwe Krüger ist eben ein alter Hase im Abrichten von Hunden.

Auch bei ihrer Ausbildung war Joanna wieder mal schneller als andere. Weil sie ihr Abitur schon in der Tasche hatte, brauchte sie nur zwei statt drei Jahre zu lernen. Die Stofffülle blieb natürlich die gleiche. Trotzdem legte sie einen Abschluss hin, der fast nicht besser sein konnte. Alle Teilprüfungen, in denen es um Hundeausbildung und Tierhaltung ging, legte sie mit 99 und 98 Punkten ab. Auf ihrem Abschlusszeugnis vom 23. August standen schließlich 96 von 100 Punkten.

Jetzt hat Joanna einen festen Arbeitsvertrag in der Tasche und fegt fast jeden Tag über den Hundeplatz in Velten. Dass sie in den vergangenen Jahren eine richtig gute Hundetrainerin geworden ist, sieht jeder, der sie schon einmal auf dem Gelände an der Parkallee erlebt hat. Die Welpen, die sie jetzt in ihrer Obhut hat und ausbilden soll, sind gerade mal zwölf Wochen alt. Kobold, der kleine belgische Schäferhund, läuft ihr hinterher, als wäre Joanna seine leibliche Mama. Aber wenn eine Mama so viel Spaß bereitet und selbst so verspielt wie ein Kind sein kann, ist das kein Wunder. Wenn sich die wuschligen Krümel allerdings daneben benehmen, bekommen sie blitzschnell die andere Seite der Mama zu hören, die mit der tiefen Stimme und den Falten auf der Stirn.

 Das ist nur eine von vielen Sachen, die Joanna bei ihrer Ausbildung gelernt hat. Die kleinen Tricks, um den Welpen etwas beizubringen, der Blick für das Spezielle an jedem Hund, das Deuten bestimmter Verhaltensmuster - das alles wusste sie vorher nicht.

Jetzt aber sieht es so aus, als hätte sie nie etwas anderes getan, als Hunde zu erziehen und deren Haltern Mut zu machen. Ein paar kurze Erklärungen reichen oft aus, um den verzweifelten Blick der Menschen am Ende der Leine wieder aufzuhellen. Wer Joannas Rat braucht, bekommt ihn prompt. Am liebsten führt sie jede Übung vor, temperamentvoll und gestenreich. Schnell mal die lange Haarmähne nach hinten geworfen, und schon zeigt sie ihren Hundeschülern zackig wie es geht. Die haben Joanna wohl noch nie über den Platz schleichen sehen. Außer sie hat sich mal eben einen Muskelfaserriss eingehandelt. Der ist dann höchstens Grund, einen Gang runterzuschalten, aber nicht das Training zu schmeißen.

Dass der Beruf genau das ist, was sie schon immer wollte, ist für Joanna keine dahingesagte Floskel. „Als Kind wollte ich immer Lehrerin werden“, sagt sie. Das ist sie ja nun auch, nur dass ihre zweibeinigen Schüler meistens älter sind als sie selbst.

Ach so, da wäre ja noch die Sache mit dem Hosenanzug. Am Mittwochabend stand Joanna auf der Bühne im Leipziger „Asisi Panometer“, bekam die Hände geschüttelt von Kultusministerin Brunhild Kurth und IHK-Präsident Wolfgang Topf und wurde als beste Auszubildende in der Fachrichtung „Tierpflegerin“ des Jahres 2012 geehrt.

Und das Beste kommt immer am Schluss. Joanna hat am Mittwoch erfahren, dass sie am 10. Dezember als Beste ihres Ausbildungszweiges deutschlandweit geehrt wird. Zusammen mit neun Landesbesten in anderen Ausbildungsberufen wird sie Deutschlands Super-Azubis beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag vertreten.
(Von Andrea Kathert)